Ray Davies The Kinks Choral Collection (2009) - ein Review von Flo

Ray Davies: Kinks Choral Collection, The - Cover
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1 Review
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2 Ratings
5.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Singer / Songwriter / Liedermacher


Flo
06.08.2011 16:31

Dass die Kinks oft etwas stiefmütterlich behandelt werden, zumindest wenn man sie mit den Beatles vergleicht, erkennt man schon daran, dass allen 90er Experten die Worte "Oasis klingen sehr stark nach den Beatles" auf der Zunge liegen, während die Kinks-Einflüsse oft nicht einmal bei "The Importance of Being Idle" erkannt werden. Die Beatles sind nun einmal (zurecht) allgegenwärtig, auch wenn sie oft nur auf ihre zahlreichen Hits reduziert werden, die allgemeine Rezeption der Kinks wirkt heute hingegen recht verhalten. Mal abgesehen von "You Really Got Me" oder "Lola"...
Aber sei’s drum: Über einen Mangel an Verehrern können sich die Kinks auch Jahrzehnte später nicht beschweren. Elliott Smith beispielsweise gestand Ray Davies seine Bewunderung für dessen Stil als Liedtexter und Sänger. Filmfreunde können sich auch die britische Actionkomödie "Hot Fuzz" aus dem Jahr 2007 etwas genauer ansehen und darauf achten, welche Kinks-Songs hier recht doppeldeutig für den Soundtrack verwendet wurden.

Während in Fankreisen noch immer über eine Reunion spekuliert wird (obwohl sich die ganze Band schon im Pensionsalter befindet, Gitarrist Dave Davies 2004 einen üblen Schlaganfall erlitt und Pete Quaife, der ursprüngliche Bassist, 2010 verstarb), macht sich Ray Davies, der Hauptsongwriter der Kinks, seit einiger Zeit ans Aufwärmen der Klassiker. 2009 erschien "The Kinks Choral Collection", wofür einige Lieder aus seiner kreativen Hochphase mit Chorunterstützung neu eingespielt wurden, und 2010 wurde "See My Friends" veröffentlicht, auf dem Davies unter anderem mit Bruce Springsteen und Metallica seine eigenen Erzeugnisse covert.

"The Kinks Choral Collection" beginnt mit dem 1969 als Single veröffentlichten "Days", dessen Abschiedstext sich für Chormusik wohl irgendwie anbietet. Davies Stimme klingt mit Mitte 60 natürlich nicht unbedingt taufrisch (eine Engelsstimme hatte er sowieso nie), seine eigenen Texte interpretiert er aber auch 40 Jahre nach deren Entstehung noch am besten. Das Arrangement wurde für den Anfang auf Chor und Gitarre herunter geschraubt, nach etwa zwei Minuten setzen Bass und Schlagzeug ein und alles passt besser zusammen als erwartet. Auch "Waterloo Sunset", "Celluloid Heroes" und "Village Green" sind recht gelungen, allerdings mangelt es oft an Subtilität und vor allem Harmonie zwischen Band und Chor. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, den Chor zu verkleinern. Ein sparsamerer Aufbau hätte sich mitunter positiv ausgewirkt, leider wird stattdessen an jeder möglichen Stelle die volle Mannschaft eingesetzt.
Den wenigen positiven stehen eine Vielzahl an mittelmäßigen oder gar katastrophalen Momenten gegenüber. "Working Man’s Café" (der einzige enthaltene Song, der von einem seiner Soloalben stammt) klingt wie eine weichgespülte Meat Loaf Ballade und "Big Star" ist in dieser Fassung kaum mehr der Rede wert. Die Einspielungen von "You Really Got Me" und "All Day and All of the Night", beides Lieder aus der frühen, musikalisch wilderen Zeit der Kinks, sind völlig missglückt. Diese sexuell aufgeladenen Tanznummern ersticken in ihrem neu angelegten Korsett und wirken -wie vieles auf diesem Album- nur noch albern. Dem eingängigen "Victoria" wird seine grundlegende Kauzigkeit genommen und "Shangri-La" zeigt etwas Merkwürdiges auf: Vor vier Jahrzehnten schaffte es Ray Davies, auf spielerische Weise ein Cembalo in seine Pop-Kompositionen zu integrieren, aber 2009 wirkt der altbackene Chor so befremdlich, als würde man zwei verschiedene Aufnahmen gleichzeitig abspielen.
Es zeigt sich, dass die melancholischen, ruhigeren Songs besser gelungen sind als die Uptemo-Nummern. "Picture Book", zum Beispiel, wird in einen unerträglichen Musical-Unsinn verwandelt. Hier und besonders bei "Johnny Thunder" zeigt sich, was für ein Unfug herauskommt, wenn man den Chor mangels eingängiger Gesangslinien einfach Teile der Gitarrenrhythmen nachsingen lässt.
Schlussendlich bleibt die Erkenntnis, dass eine "Kinks Choral Collection" zwar hin und wieder ganz nett klingen kann, aber meistens eher das Gefühl besteht, man lauscht dem Weihnachtskonzert des örtlichen Dorfgesangvereins. Allerdings kann man sich sicher sein, dass dieser eher "Let It Be" und "Yellow Submarine" durch den Fleischwolf gedreht hätte.
Dieses Album wird den großartigen Vorlagen leider nicht gerecht.

Anspieltipps: Days, Celluloid Heroes, Village Green

Punkte: 4 / 10


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