Ich muss nun wirklich eine Lanze für dieses Album brechen. Völlig zu unrecht wird es gerne als der Tiefpunkt einer der beständigsten deutschen Rockbands im alternativen Sektor verurteilt. Ergründet man die Hintergründe, mag die emotionale Neigung schon mal zum negativen tendieren.
Alexander Weselsky verlässt die Band, gründet mit dem ebenfalls zuvor ausgestiegenen Noel Pixx Eisbrecher und Megaherz stehen vor der Qual der Wahl.
Eingeschlagene Wege komplett verlassen oder an altbewährtem festhalten?
Nun, das Album fährt zweigleisig, was vielleicht beim ein oder anderen schon mal negativ aufstößt.
Doch in erster Linie ist es der neue Frontmann Mathias Elsholz, der mit seiner stimmlichen Variation neue Töne anschlägt.
Erst nach dessen schlagartigen Abkehr und der Rückkehr mit Alexander Wohnhaas ist man wieder auf Nummer sicher gegangen, hat sich bei der stimmlichen Wahl auf die Wurzeln der Band zurückbesonnen, was vielleicht der ausschlaggebendste Grund für den oftmals diesem Album zugeschriebenen kreativen Tiefpunkt sein mag.
Doch völlig zu unrecht.
Lässt man mal die Geschichte ruhen, so eröffnet sich einem das wohl abwechslungsreichste und schlagkräftigste Megaherz-Album der gesamten bisherigen Diskographie, und ja, Mathias spielt eine zentrale Rolle.
Die Produktion ballert, ist mächtig und vielschichtig, die Riffs zwar eher einfach gestrickt, dafür aber immer noch schlagkräftig. Die Konzentration liegt somit ganz auf der stimmlichen Präsenz in Einklang mit der Basis aus Gitarren, Schlagzeug und Elektronik. Und diese Basis hat es in sich!
"Dein Herz schlägt" trifft auf all diese angesprochenen Aspekte wie der Nagel auf den Kopf.
Es groovt, es ist bissig, der Refrain und allem voran die Bridge bringen mit mächtigen Synthie-Klängen eine anmutige Atmosphäre zustande und darüber keift, singt und growlt (!) Mathias sich die Stimmbänder wund. Ob man sich an der stimmlichen Verzerrung erfreut oder auch nicht, mag Geschmackssache sein. Doch die voluminöse Ausprägung allem voran in den ausgesungenen Refrains lassen anmutig erkennen, dass der gute Herr sein Handwerk einzusetzen weiß und obendrein damit auch noch vielseitig klingt. Wie auch der Rest des Albums.
Ob epischer Charakter oder böswillige Aggressivität bis hin zu nachdenklichen Klängen, die im abschließenden "Augenblick" sogar ganz auf Stromgitarre verzichten, Megaherz klang bis zur Verfassung dieser Bewertung nie mehr so abwechslungsreich wie ebenso durchschlagend hart.
Die Produktion macht Druck, lässt einen gleich mit dem Kopf mitwippen und bringt die mächtige Gitarrenwand, die ganz wunderbar mit der Synthie-Schlagseite harmoniert wunderbar zur Geltung.
Mathias Stimme ist anders, keine Frage, doch genau darin liegt die Stärke.
Von der lyrischen Darbietung mal ganz abgesehen, die zwar dirket, aber ebenso ansprechend persönliches wie sozialkritisches auf den Punkt zu bringen mag, ohne dabei in irgendwelche Klischees abzudriften.
Auch hier fühle ich mich bewogen, ein Lob auszusprechen, denn die lyrische Darbietung auf 5 wurde bisher weder von Wesselsky noch von Wohnhaas erreicht.
Einzelne Titel noch einmal herauszuschreiben halte ich für überflüssig, da die geschlossene Einheit (Vom beginnenden Faustschlag bis hin zum nachdenklichen Abschluss) des Albums auch so wahrgenommen werden sollte, zumal jeder einzelne seine persönlichen Favoriten mit der Zeit herauspickt.
Vielleicht sei noch die Neuaufnahme von "Gott sein" angesprochen, die mit Abstand unter allen Titeln des bisherigen Repertoirs wahrlich das Attribut "Episch" verdient hat.
Was bleibt?
Das bis dato stärkste Megaherz Album überhaupt, auch wenn ich mit meiner Meinung deutlich gegen den Strom schwimme, umso wichtiger erachte ich dieses viel zu selten ausgesprochene Lob.
Punkte: 9 / 10