Megaherz 5 (2004) - ein Review von DarkForrest

Megaherz: 5 - Cover
2
2 Reviews
8
8 Ratings
8.12
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Industrial Metal


DarkForrest
22.02.2019 14:03

Megaherz sind jetzt schon weit über 20 Jahre am Start und haben mit 9 Alben auch entsprechend was vorzuweisen inklusive zwei Sängerwechsel. Wenn man heute an Megaherz denkt, dann entweder an die alten Zeiten mit Alexx oder die neueren Sachen mit Lex. An dieses eine Album dazwischen kann sich mittlerweile kaum noch jemand erinnern, auf Best Ofs wird es regelmäßig ignoriert und auch Live gibt es keine Songs mehr vom 5’er Album zu hören.

Leider befindet es sich auch in einer undankbaren Position. Der Vorgänger “Herzwerk II” war eine ziemliche Granate und sowohl Alexx als auch Keyboarder Noel Pix haben eine große Lücke hinterlassen, als sie die Band verlassen haben. Als neuer Sänger springt hier Mathias “Jablonski” Elsholz ein und im Gegensatz zu Lex hat er doch einen recht eigenwilligen Stil, der dem einen oder anderen alteingesessenen Fan wohl nicht ganz so gepasst hat. Das Cover ist eher schlicht, der Name “5” wahnsinnig kreativ und soweit ich weiß gibt es außer eine Promo zu “Mein Herz Schlägt” keine Single Auskopplung. Von irgendwelchem Schnickschanck wie Limited Edition oder Bonus Tracks wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Beste Bedingungen also um in der Diskographie gnadenlos unterzugehen.

Wenn man sich aber mal die Mühe macht ein wenig rein zu hören, dürfte man schnell mitbekommen, dass die “5” musikalisch eher mal hervorsticht. Wie bereits erwähnt ist der gute Elsholz keine einfache Alexx Kopie, sondern bringt eine ganz eigenen Stimme mit. Und diese hat es in sich und deckt vor allem ein breites Spektrum ab. Egal ob brachialer Gesang oder ruhige Passagen oder auch mal verzerrte Vocals - alles ist dabei. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig am Anfang, aber schon nach kurzer Zeit ist hier jede Menge Potential zu erkennen für Songs, die so unter dem alten Sänger nicht möglich waren. Was auch eher Geschmackssache ist, ist sicherlich der Sound. Nicht nur das Verschwinden von Alexx macht sich bemerkbar, sondern auch die Abwesenheit von Noel Pix. Elektronische Elemente sind zwar nach wie vor da, treten aber in den Hintergrund, alles klingt etwas roher, die Gitarren dafür schön kernig und kraftvoll. Ich stehe total drauf. Und zu guter Letzt sind auch die Texte eher Megaherz - untypisch. Versteht mich nicht falsch Beziehungskonflikte (“Ja Genau”) oder Gesellschaftskritik (“Mach Dich Frei”) sind weiterhin im Repertoire vertreten. Allerdings sind die Texte auf “5” deutlich abstrakter und weniger “Auf die Fresse” im Vergleich zu allem was davor oder danach kommt. Das macht das Album etwas weniger zugänglich, denn die Bedeutung der Texte dürft ihr euch hier schon schön alleine interpretieren. Gleichzeitig werden aber auch viele peinliche Plattitüden vermieden, was doch für frischen Wind sorgt und mir nach einigen banal - kitschig - plakativen Songs der letzten Alben richtig fehlt.

Los geht's mit “Dein Herz Schlägt”. Ja: Totgesagte leben länger und einen passenderen Song hätte man als Intro oder Promo wohl kaum wählen können, um zu zeigen: “Wir sind immer noch da.” Dazu kommt, dass “Dein Herz Schlägt” ein ganz gutes Tempo vorgibt, ohne der schnellste und härteste Song auf der Scheibe zu sein und Elsholz hier bereits gut demonstriert, was er mit seiner Stimme so alles zustande bringt. Vielleicht nicht der beste Song auf der “5” aber wahrscheinlich der repräsentativste. Wer jetzt also noch nicht schreiend oder kotzend weggerannt ist, sollte dran bleiben. “Göttlich” könnte vom Stil her auch ganz gut bei der Eisbrecher Fraktion ankommen, wobei mich immer wieder beeindruckt wie nahtlos hier zwischen Vollgas und sehr ruhigen Momenten gewechselt wird. Ob das das alte Lineup so hinbekommen hätte?

“Ja Genau” wirkt dagegen wieder wie für Alexx geschrieben und dürfte für die Fans der älteren Alben das interessanteste sein, was “5” zu bieten hat - inklusive Sprechgesang, wie man ihn von “Wer Bist Du?” kennt. Ich mag den Song, weil er für ein wenig Abwechslung sorgt, die hier manchmal ein wenig fehlt. Wo wir schon bei “Wer Bist Du?” sind: “Gott Sein 04” ist auch sicher ein Song der polarisieren dürfte. Bei all dem Cover Wahn der letzten Platten mit Lex hätte sich der Erstling ja in meinen Augen ganz gut angeboten und ich finde ja, dass man bei “Gott Sein 04” gut hört warum. Die beiden Sänger nehmen sich gar nicht mal viel. Jeder bringt seinen eigenen Stil gut ein. Aaaaber: sämtliche Instrumente klingen deutlich kraftvoller und bombastischer als noch im Original, wodurch die 04’er Version am Ende des Tages für mich die Nase vorn hat. Ebenfalls gut zum Vergleich bietet sich “Wann Wirst Du Gehn?” an, was in so vielen Dingen an “Teufel” vom guten alten “Kopfschuss” erinnert. Wirklich - hört euch mal beide Songs an und ihr erkennt die musikalischen und textlichen Parallelen. Mit der Performance von Alexx war ich jedoch damals nicht ganz zufrieden, was ich hier nicht sagen kann. Klar sind beides eigenständige Songs, doch muss ich bei “Wann Wirst Du Gehn?” ständig daran denken, dass es genau so klingt, wie “Teufel” hätte klingen sollen. Ganz starke Nummer also.

Nach all dem Lob macht sich in der Mitte des Albums dann doch etwas die Ernüchterung breit und die Abwechslung fehlt mir ein wenig. Die nächste drei Songs klingen recht ähnlich und setzen vor allem auf melodische Strophen und kraftvolle Refrains. Der erste Kandidat “Mach Dich Frei” bringt eigentlich alles mit, inklusive extrem catchy Gitarrenriff, was ein guter Megaherz Song so braucht, aber egal wie oft ich ihn mir anhöre - die Mischung will einfach nicht zünden. Ähnlich geht es mir bei “Eigentlich”. Nett wie der Sänger hier fast schon growlt, aber fehlt es mir hier doch an musikalischer Substanz. Im dritten Anlauf geht das Konzept mit “Zeig Mir Dein Gesicht” dann endlich einigermaßen auf und die Gesamtmischung stimmt. Auch nicht der Burner, aber ganz gut hörbar.

Noch besser wird's aber mit dem nachdenklichen “Ebbe & Flut” und ganz besonders mit “Komm Rüber (Schattenland)”, was mal wieder beweist, dass nahtlose Tempowechsel eine große Stärke der Band auf diesem Album sind und diese - wenn richtig umgesetzt - für viel Spannung sorgen können. Erinnert ihr euch noch daran, wie Megaherz auf jedem Album einen Song eingebaut haben, der sich auf Inhalte aus Märchen bezieht? Das hier ist quasi das Take von Mathias Elsholz zu der Thematik, bevor ab “Heuchler” dann Schluss mit den Märchen Songs war. Da ich weder als Kind noch heute mit Märchen viel am Hut habe ist mir das zwar ziemlich egal, aber mit “Komm Rüber (Schattenland)” hat dieses Konzept wenigstens einen schönen Abschluss gefunden.

Weniger schön klingt dagegen “Weiter”. Tempo und Härte sind da, aber man kann ja auch mit hohem Tempo hart gegen ‘ne Wand fahren. Stellt euch das hässliche Kind von “Mach Dich Frei” und “Eigentlich” vor und ihr wisst ungefähr wie uninspiriert “Weiter” klingt. Zum Glück fängt sich die “5” nochmal gegen Ende und liefert mit “Es Tut Weh” ein absolutes Highlight ab, dass Elsholz nochmal von seiner besten und variantenreichsten Seite zeigt und dabei auch die elektronischen Klänge nicht außer Acht lässt. Richtig exotisch wird es dann nochmal mit dem extrem ruhigen “Augenblick”, dass komplett auf verzerrte Gitarren verzichtet und vom Genre her wohl kaum noch unter deutsche Härte fällt. Ich mag’s als Kontrast zum insgesamt eher harten Album. Auch ein So, der klar für Elsholz geschrieben wurde, was man erst recht hört, wenn man sich mal den Versuch von Lex 9 Jahre später daran antut.

Was unterm Strich bleibt ist das sowohl textlich als auch musikalisch wahrscheinlich am wenigsten zugängliche Album von Megaherz. Macht man sich aber die Mühe, sich das Teil ein paar Mal anzuhören entfaltet “5” erstaunlich viel Potential. Zwischendrin gibt es immer mal wieder ein paar Längen, die Abwechslung in Lyrics und Vocals fehlt ein bisschen bei den Instrumenten und die eine oder andere Nummer stellt sich dann doch als etwas stumpf heraus. Aber für den ersten Anlauf mit neuem Sänger (der auch sowohl bei Alexx als auch Lex nicht reibungslos ablief) kann sich “5” durchaus hören lassen. Kurz danach war aber auch schon wieder Schluß. Elsholz verließ Megaherz sehr überraschend aus privaten Gründen, Band und Label waren einigermaßen angepisst und am Ende haben wir die Version von Megaherz mit Lex bekommen, wie wir sie heute kennen. Es wäre sicher spannend as fuck gewesen zu sehen wie sich Megaherz mit Mathias weiterentwickelt hätten - auf jeden Fall spannender als die eher vorhersehbare (wenn auch nicht unbedingt schlechte) Ausrichtung aktuell. Aber es sollte einfach nicht sein. So bleibt es bei einem Album mit Mathias Elsholz als Sänger, welches für Neulinge sicher nicht die beste Einstiegsdroge, von den Fans aber gnadenlos unterschätzt ist.

Punkte: 7.5 / 10


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