Knorkator Das Nächste Album Aller Zeiten (2007) - ein Review von mayersmadhouse

Knorkator: Nächste Album Aller Zeiten, Das - Cover
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1 Review
12
12 Ratings
9.08
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal


mayersmadhouse
02.09.2009 10:08

Eine der begnadetsten Bands der Gegenwart, niemand hat es je geschafft, musikalischen Anspruch, philosophische Aspekte menschlichen Daseins und erstklassigen Humor miteinander so eng zu verweben.

Ich rede nicht von Prollsaufpartycomedymetal ala J.B.O. oder Onkel Tom, das Kirmeskacke. Knorkator haben einen ganz anderen Anspruch. Im Gesamtwerk dieser leider auf dem künstlerischen Zenit aufgelösten Band findet sich kein schwaches oder nur durchschnittliches Album, die Krönung ist aber ganz klar das Abschiedswerk.

Gekrönt vom besten Sound der Bandgeschichte bündelt die Band alles, was sie ausmacht, angefangen beim (vorab ausgekoppelten und mit einem herausragenden Video versehenen) Opener "Alter Mann". Was in den Strophen nur so vor Klamauk strotz nimmt eine nachdenklich, resignierte Perspektive im Refrain ein, wunderbar umgesetzt mit einem höllich guten Groove.

Weiter gehts mit "Du bist so still", ein Song, der sich inhaltlich mit Außenseiterdasein beschäftigt und musikalisch mit schweren, knorkatortypischen Chören versehen ist.

An dritter Stelle folgt vielleicht der Höhepunkt des Albums, das "Lied vom Pferd" - ein intensives Gefühl breitet sich bei diesem baladesken Titel im Magen aus, alles schreit nach melancholischer Freiheit, der Sehnsucht nach ferne, allein der Gedanke an dieses Lied löst tiefste Emotionen aus. WOW!

Als Gegenpol folgt "Wir werden alle sterben". Hier beschreibt Alf Ator den inneren Konflikt zwischen Erwartungshaltung der Plattenfirmen/Fans/Median (Knorkator = gute Laune und immer debil witzig) und seinem Inneren, das die Vergänglichkeit des seins verarbeitet. Musikalisch einer der Hymnen überhaupt - der Song funktioniert wie so oft auf vielen Ebenen.

"Nur mal angenommen" ist ganz anders, Alf baut eine Gedankenkette auf, die zuerst lächerlich, banal und debil anmutet (der Protagonist denk den Gedanken, was wohl passiert, wenn er so biegsam wäre, dass er in sein eigenes Hinterteil kriechen könnte) bis am Schluss die wieder Daseinphilosophie auftaucht, dieses mal aber durch den Kakao gezogen wird.

Das folgende "Eigentum" dürfte einer der griffigsten Songs sein, sowohl inhaltlich wie musikalisch - hier gibt es sehr schöne, kindlich anmutende aber toll ausgearbeitet Wortspielereien gepaart mit Konsumkritik zu hören.

"Für meine Fans" ist nicht mehr als eine Homage an die Anhänger der Band, diese wissen auch, dass Knorkator das recht und die Freiheit haben, diese ordentlich zu beleidigen - was nicht mehr oder weniger glaubhaft ist als die Fanhuldigungen, die andere Bands vom Stapel lassen. Musikalisch wieder eine typische Knorkator-Nummer, die Band hatte einen sehr eigenen Sound.

Der zweite emotionale Höhepunkt nach dem Pferdelied kommt an achter Stelle - "www.einliebeslied.com". Mit wieder kindhaft anmutendem Text wird ein Liebesgesuch vertont, wie ich es in dieser Gefühlsdichte noch nie gehört habe - einersichts werden die typischen Herzschmerzpopsongs eben durch die Banalisierung des Textes vorgeführt, andereseits zeigen die älteren Herren, wie man soetwas musikalisch umzusetzen hat. Wahnsinn!

"GV" ist eine der beiden schwächeren Songs - hier gibt es tatsächlich banale Lyrik, lediglich die ruppige, harte Umsetzung weiß zu gefallen.

"Geld" ist aus ganz anderem Holz geschnitzt, inhaltlich wieder Kritisch gegenüber Materiellem, musikalisch herrlich eingängig, wieder fällt der Wahnsinnsgesang auf, der wirklich absolute Weltklasse erreicht - dazu die typischen Synthiespielereien, die Band so einzigartig machen. Da ändert auch der zweite füller nichts.

"Franz Hose" ist ein vertonter Kalauer, nicht mehr, weder griffig noch bedeutend - verhindert mit "GV" eine perfekte Wertung, trotzdem schwächen die beiden Songs das Album nicht maßgeblich, dazu gibt es viel zu viel geniales Material auf der Scheibe.

Die "Sinfonische Dichtung" beschließt das Album instrumental und lässt einen nachdenklich und sehr gut unterhalten zurück - mehr kann man nicht auf eine Scheibe packen. Ergänz wird das Package durch eine geile Bonus-DVD mit einem ganzen Auftritt vor heimischem Publikum in Potsdam, der gut die gewaltige Livepräsenz der Band einfängt - und nebenbei mehr hermacht als der Auftritt auf der ersten Vollpreis-Live-DVD "Zu alt". Stärker war nur nach das Abschiedsdoppel "Weg nach unten", aber das ist eine andere Geschichte.

Punkte: 9.5 / 10


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