Soundtechnisch vereint 'sounds of the universe' den auf 'playing the angel' eingeschlagenen Weg, die Songs deutlich kraftvoller zu gestalten, als es auf 'exciter' 2001 der Fall war, mit dem Hang zur Elektronik aus den längst vergangenen 80ern. Komponist Martin Gore hatte sich zu diesem Zweck mit reichlich älterem Gerät eingedeckt, was sich auf den letztendlichen Soundcharakter nicht unwesentlich auswirkte.
Grundsätzlich ist das Album in sich stimmig, es hat einen gewissen Fluß, und es vereint einige wirklich gute Songs. Allen voran die Vorabsingle 'wrong', die mit ihrem schlachtrufartigen Refrain und einem dazu passenden, spektakulären Videoclip für Aufsehen sorgte. Sie schaffte es hierzulande auf Rang 2 der deutschen Singlecharts und vereinte eine gewisse Minimalistik, was den Sound anbetraf, mit einer melodiösen Qualität, an die auch vorherige Kompositionen aus dem Hause Gore nicht heranreichen konnten.
Direkt darauf folgt (in qualitativer Hinsicht) 'perfect', ein Song, der in seiner Eingängigkeit und trockenen Melancholie auf diesem Album unerreicht bleibt. Meiner bescheidenen Meinung nach wäre dies die perfekte zweite Single gewesen. Während die Strophen rein elektronisch daherkommen und Dave mit leicht verzerrter Stimme zu hören ist, öffnet sich der Refrain meilenweit und wirkt, unterstützt durch Martin's Gitarrenspiel, geradezu hymnenartig.
Ein weiteres Highlight ist 'come back', eine der Gahan/Eigner/Philpott-Kompositionen. Gemächliches Tempo und relativ rauhe Gitarren machen den Charme dieser Halbballade aus. Wer die Deluxe-Box des Albums sein Eigen nennt, kann die Entwicklung des Tracks schön nachverfolgen. Die Chordfolge wurde geändert, und der Song fließt wie aus einem Guß ins Ohr. Hinzukommen die wirkungsvollen Backingvocals von Martin.
Auch der Einsteiger 'in chains' gefällt mir persönlich sehr gut. Zunächst nur als Piepen und Pfeifen auszumachen, wächst aus diesem Soundchaos eine warme Synthline, auf die sich Dave's Gesang aufsetzt. Der Song steigert sich mit zunhemender Dauer noch weiter, bleibt aber in gewisser Weise mit angezogener Handbremse versehen.
Letztes absolutes Highlight ist das Finale mit 'corrupt', einer der besten Gore-Kompositionen der letzten Jahre. DM-typische düstere Sequencer dominieren den Song, während dessen Refrain Martin auch wieder zur Gitarre greift.
Leider ist es aber seit 'exciter' auch so, dass es auf DM-Alben auch Ausfälle gibt:
Während der Gahan-Song 'miles away/the truth is' wenigstens mit einem gefälligen Tempo punkten kann, aber melodiös sehr uninspiriert daherkommt, langt Martin Gore mit 'jezebel' völlig daneben. Ein Rythmus, der entfernt an einen Alleinunterhalter auf einer durchschnittlich gut besuchten Hochzeitsfeier erinnert, und eine mich in keinster Weise ansprechenden Melodie sorgen dafür, dass dies der absolut schwächste Song auf 'sounds of the universe' ist.
Dazwischen gibt es Songs, die jenseits von Gut und Böse ihr Dasein fristen. 'fragile tension', seines zeichens dritte Single des Albums und zu Releasedatum des Albums Teil einer Mobilfunk-Werbekampagne wirkt poppig-harmlos, während 'in sympathy' versucht, eine Eingängigkeit heraufzubeschwören, die sich bei mir nicht komplett einstellen will. Das austauschbare Gitarrenriff des Songs tut sein übriges. 'hole to feed' teilte sich die A-Seite der dritten Single mit 'fragile tension' und erinnert an eine Fusion aus 'in zaire' und 'house of the rising sun', die auch nicht so richtig von der Leine gelassen wird. 'little soul' schlußendlich ist in seiner stillen Art noch der beste der eben genannten Songs, hauptsächlich aufgrund der schönen Harmonien, die entstehen, wenn hier Dave und Martin aufeinandertreffen. Zudem ist das GItarrensolo am Ende des Tracks erwähnenswert.
Kontroversester Song des Albums ist aber wohl 'peace'. Dieser Song, der auch zweite Single wurde, teilt das Fanlager in zwei Hälften. Während die eine Seite den hymnischen und getragenen Refrain liebt und das elektronische Grundgerüst der Nummer als klassisch für Depeche Mode bezeichnet, halten die Gegner für einen der belanglosesten und schlechtesten Songs der letzten Jahre. Ich für meinenTeil mag 'peace' durchaus gerne. Der wummernde Sequencer zu Beginn des Songs läßt mich zwar immer etwas mehr erwarten, als dann tatsächlich kommt, aber ich halte ihn für kompositorisch sehr gelungen. Einzig und allein als Single taugt er meiner Meinung nach überhaupt nicht. Die Käufer sahen's ähnlich und straften die Single mit einem für DM-Verhältnisse enttäuschenden Rang 25 in den Singlecharts ab. Lediglich die Folgesingle 'fragile tension/hole to feed' schnitt mit Platz 39 noch schlechter ab.
Schlußendlich muß man sagen: Depeche Mode erfinden auf 'sounds of the universe' nicht das Rad neu. Sie kombinieren Altbewährtes und Klassisches mit einigen Retro-Elektro-Sounds und einigen guten Songs. Allerdings darf man langsam aber sicher überlegen, ob die Band beginnt, nur noch ihren Status zu verwalten. Dieser Eindruck schleicht sich aufgrund der hohen Anzahl von durchschnittlichen Songs ein. Bereits auf 'playing the angel' waren Unfälle wie 'lilian' oder 'john the revelator' passiert, dies setzt sich hier fort. Trotz allem ist dies Jammern auf hohem Niveau: Mit 6 Top-Songs sind die Herren Gahan, Fletcher und Gore doch immer noch gut im Rennen für knapp 30 Jahre Karriere!
TOP-SONGS:
- wrong
- perfect
- peace
- come back
- corrupt
- in chains
Punkte: 7.5 / 10