Nachdem das letzte Album "Karmacode" schon mit tiefergelegten KORN-Riffs und einer noch poppigeren Ausrichtung als "Comalies" aufwartete, versuchen LACUNA COIL dieses Mal offenkundig auf's Ganze zu gehen: Statt Stammproduzent Waldemar Sorychta engagierte man Don Gilmore, der u.a. "Hybrid Theory" und "Meteora" von LINKIN PARK produzierte und schrieb Songs, die allesamt mit radiofreundlichen drei bis maximal vier Minuten Spielzeit daherkommen. Klar, dass dahinter große Ambitionen stecken. Schließlich haben LACUNA COIL schon in der Vergangenheit gezeigt, dass sie Hits fabrizieren können.
Überraschenderweise krankt es gerade daran auf "Shallow Life". Anstatt nach dem Übergangsalbum "Karmacode" nun vollends dem Pop Tür und Tor zu öffnen, verstricken sich LACUNA COIL in irgendwelchen Sphären, in denen sie eigentlich nichts zu suchen haben. Das Album ist zwar vordergründig eingängiger und einfacher als alle seine Vorgänger, bietet aber keine 180°-Kehrtwende im Vergleich zu alten Zeiten, sondern verheddert sich wieder im Übergangsdschungel. LACUNA COIL trauen sich immer noch nicht mit letzter Konsequenz ins Mainstream-Becken. Das macht die Truppe zwar einerseits sympathisch, andererseits wirkt das Ganze zaghaft und unsicher. Man will es sich mit dem früheren Following nicht komplett verscherzen, angelt aber trotzdem so breitgefächert wie möglich. Genau deswegen klingt "Shallow Life" als ob sich LACUNA COIL selbst im Weg stehen. Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum es auf dem Album zwar einige ordentliche Songs gibt, aber keine wirklich offensichtlichen Hits, auf die es die Band eigentlich anlegt. Die Strukturen passen, aber die Refrains sind meistens einfach zu platt (z.b. "I Like It"), um wirklich das Mainstreampublikum oder überhaupt irgendein Publikum zu knacken.
Die tiefen Riffs vom Vorgänger sind etwas glatter und unauffälliger platziert, der auf der letzten Scheibe omnipräsente Bass ist wieder in den Hintergrund gerückt, ansonsten ist "Shallow Life" nicht wirklich softer als sein Vorgänger geraten. Die Aufteilung der männlichen (Andrea Ferro) und weiblichen Vocals (Christina Scabbia) ist dieses Mal sehr gut und gerecht gelungen, auch wenn es stellenweise nervt, dass besonders Andrea immer noch kein akzentfreies Englisch auf die Kette bekommt (sehr gut zu hören in "Not Enough"). Neben dem ordentlichen Opener "Survive" sind es zwei "Balladen", die zu überzeugen wissen: "The Pain" und der Titeltrack könnten so ähnlich auch auf dem "Host"-Album von PARADISE LOST stehen. Das Vorbild hieß demnach wieder DEPECHE MODE, von denen man auf dem letzten Album "Enjoy The Silence" coverte.
Insgesamt gesehen ist "Shallow Life" keine komplette Katastrophe, aber leider auch kein wirklich gutes Album und erst recht nicht das Album, das es vorgibt zu sein. Selbst wenn LACUNA COIL mit dem lyrischen Konzept gegensteuern und sofort auf Angriff gehen: Sehr tiefgründig ist "Shallow Life" nicht gerade geraten. Man darf umso mehr gespannt sein, welcher Schritt der Nächste sein wird.
Punkte: 5 / 10