Krokus To You All (1977) - ein Review von Lord

Krokus: To You All - Cover
1
1 Review
6
6 Ratings
6.83
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock


Lord
05.12.2011 13:16

Nach dem selbstbetitelten Debüt, schlossen sich die zwei führenden Solothurner Bands Montezuma und Krokus zusammen, um aus beiden mit relativ bescheidenem Erfolg bescherten Trupps die Powerfusion zu lancieren. Wo das im Endeffekt endete, respektive wo der Krokus heute wieder blüht, ist wohlbekannt.

Anno 1977 sah das jedoch noch etwas anders aus. Die Hammerstimme von Marc Storace war noch nicht zugegen - dieser maltesische Schreizwerg stellte sein güld'nes Organ noch TEA zur Verfügung... So übernahm der Gesang grösstenteils Chris von Rohr, der mittlerweile nicht mehr hinter der Schiessbude sass. Chris von Rohr war vielleicht nicht der begnadetste Sänger, doch seine Ausstrahlung, sein Witz und Charisma machten ihn damals zu einem sehr starken Frontmann. Von Montezuma kamen Drummer Freddy Steady, Basser Jürg Nägeli und von Rohrs zukünf'tger Partner in crime Fernando von Arb - auch der sensible Spitzengitarrist, der sich hauptsächlich im Blues wohl fühlte, Tommy Kiefer, wurde wieder mit an Bord genommen. Und so gab es nach anfänglichem Suchen und Definieren, nach Ausflügen in Space-Jazz und vertracktem Gedudel, Songs mit klaren Strukturen, die zart das andeuteten, was Krokus um 1982/83 Welterfolge einbringen würde.

Die Single mit lockerem Von Arb-Riff "Highway Song", zu der in eisernen Kälte ein Video gedreht wurde, brachte die AC/DC-Verwandtschaft, die man Krokus noch Jahre nachsagen wird, zum ersten mal deutlich zu tragen. Zwar noch nicht so deutlich wie in späteren Werken, dennoch deutlich genug um zu erkennen, welches Potential in Krokus schlummert.
Ebenso im zackigen Titeltrack "To you all", in dem man sich mit dem passiven Management auseinander setzt.

Der Platte ankreiden kann man, dass sie keinen einheitlichen Stil verfolgt - so kommen neben genannten Rockern auch pure Blues-Nummern wie "Trying hard" und "Lonesome rider", in denen Kiefer glänzt und sein Können auszuspielen vermag, zu tragen. Oder das fast schon funkige "Moving on", das meilenweit vom künftigen Hard Rock weg ist und hinter dem man nach zB "Highway song" bestimmt nicht dieselbe Band vermutet.

Chris von Rohr - Kopf und Sprachrohr der Band - ist heute noch ein Hippie und so sind für seine Gesangsphase wohl eben diese Hippie-Songs beinahe die authentischsten und somit die aussagestärksten. Ich denke da in erster Linie an den Übersong "Festival". Bis heute einer meiner meistgeliebtesten Songs überhaupt - ein Ausnahmewerk an Schönheit, an Ausdruck und Melancholie. Von Rohr und seiner Mannschaft gelingt es fernab vom Text Bilder zu zaubern, die tief rein gehen, die Sehnsüchte und Verlangen wecken. Sei dies nun die pure, naive Schönheit eines Sommerabends mit Sonnenuntergang, sei dies der Geruch von Feuer, Bier oder Zigaretten bei Festivals oder sei dies der innere Weltschmerz, den man täglich zu unterdrücken versucht um nicht an geschmiedeten und vorgeschriebenen Plänen zu scheitern, sich dadurch jedoch nie frei fühlt von der Last des Erwachsenwerdens.
Das "Hotel California"-schier-simultane Outro ist dermassen schön und sinnlich, dass man im Geiste den Geruch von frisch gemähtem Gras, von klarer Sommerluft vernehmen kann und leidet, denn so wie es einst war, wird es nie mehr sein. Melancholie und Schönheit in einem - eine Symbiose aus Schmerz, Verlangen, Aufgeben, Kapitulieren, aber auch Hoffnung, Aufbruch, Kampf, Entschlossenheit und Abschied. Endlos schön, perfekt und übergross. Dies ist kein Song, dies ist eine Symphonie!!

In eine ähnliche Richtung, wenn auch nicht ganz so tiefschürfend, geht das abschliessende - von Peter Richard gesungene - "Take it, don't leave it". Auch hier ist ein gewisses Hippie-Feeling zu spüren, auch hier schwingt eine Melancholie mit, die Fernweh, Sehnsucht und eine gewisse Resignation in sich birgt - dennoch ist der Song versöhnlich und man nickt gefällig mit dem Kopf, ist zwar nicht glücklich, doch zufrieden - man findet sich mit der Situation im Einklang ab. Wunderbare Kunst - wenn auch hier; weit weg von "Headhunter" oder "Heatstrokes".

Wie gesagt: Bemängeln kann man an "To you all", dass kein roter Faden durch die Songs führt, dass die Platte nicht messerscharf in eine Richtung zieht und wie ein Potpourri an Stilen wirkt. Gespielt ist das alles wunderbar und auf hohem Niveau - von Rohr setzt den Songs mit seiner sensiblen Stimme die Krone auf. Klar, wer hier ein Storace-Hammerorgan erwartet, wird enttäuscht sein. Geht man aber auf die Platte ein, nimmt die Songs als das was sie sind, so wird auch deren Schönheit offenbart und man lernt die Songs und von Rohrs Stimme zu lieben. Ich könnte mir auf "To you all" - mal von 2, 3 Songs abgesehen - jedenfalls Marc Storace nicht vorstellen.

Zu sagen bleibt noch, dass es neben dem Bandcover noch eine seltenere Ausgabe von "To you all" gibt, deren Cover ganz in rot daher kommt. Für Sammler sehr interessant.

Punkte: 9 / 10


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