Soviel zu den trockenen Fakten. Worauf ich allerdings viel neugieriger war, als ich mir die CD zugelegt habe war natürlich: Wie klingt denn jetzt der neue Sänger? Naja, im Prinzip lässt sich die Frage ganz simpel beantworten: "Lex" heißt nicht nur in etwa wie "Alexx" und sieht so aus, er klingt auch fast genauso. Das ist vielleicht nicht besonders originell, aber wirklich gestört hat mich das nie, denn ich war mit der Performence von "Alexx" immer zufrieden und bevorzuge eine gute Kopie einem Sänger, der viele neue Ideen mitbringt, aber mir rein musikalisch einfach nichts gibt. Fairerweise muss man "Lex" zugestehen, dass sein Gesang zwar in den extrem harten und schnellen bzw. extrem langsamen, balladigen Parts nicht ganz so gut rüberkommt wie der von "Alexx" aber dieser dafür abseits dieser extreme sogar etwas vielseitiger ist, was man vor allem bei den späteren Alben hören kann, wo "Lex" zunehmend einen eigenen Stil entwickelt.
Aber hier geht's ja um "Mann von Welt" und ich finde, dass der Song eine sehr gute Wahl für eine Single-Auskopplung darstellt. Das treibende Gitarrenriff geht sofort in's Ohr. Der Song geht gut ab, gleichzeitig wirken Megaherz aber technisch ausgereifter als auf den älteren Alben. Außerdem zeigt "Mann von Welt" sehr gut das ganze Spektrum von "Lex'" Gesang. Schnellere, harte Passagen, ruhigere Stellen und rammsteinähnlicher Sprechgesang: alles ist in "Mann von Welt" zu hören und man kann sich ein ganz gutes Bild davon machen, wie der neue Frontmann sich damit so schlägt. Apropos Rammstein: da Megaherz im Vergleich zu ihren NDH-Kollegen eher direkte, umgangssprachliche und weniger abstrakte Texte bevorzugen, passen mir die vielen "Wichser" und "Arschloch" im Text von "Mann von Welt" ganz gut. Das sind eben Megaherz.
Während mit "Mann von Welt" also einer der besten Songs vom "Heuchler" Album gewählt wurde, gestaltet sich der Rest der CD nicht mehr ganz so spektakulär. "Es Brennt" kennt vielleicht nicht jeder von den regulären Alben her, da dieser Song nur als Bonussong auf "Herzwerk II" zu finden war. Das Stück kann sich hören lassen, ist textlich für Megaherz mal was anderes und gibt einen guten Vergleich zwischen "Alexx" und "Lex" wenn man sich "Mann von Welt" und "Es Brennt" hintereinander anhört, auch wenn "Es Brennt" jetzt nicht zu 100% der Song ist, der Megaherz unter "Alexx" wiederspiegelt. Dafür gibt es dann auf der EP-Version schließlich die anderen 3, auch deutlich bekannteren Songs.
Gerade über "Miststück", welches ja selbst unter "Lex" noch DER Klassiker auf Konzerten ist, braucht man eigentlich nichts weiter zu sagen, ebenso wie über "5. März" welches ich auch ohne zu diskutieren als eines der besten Stücke von "Alexx" annehmen würde. Das dumme daran ist nur, dass natürlich jeder Megaherz-Fan die Songs in und auswendig kann und sie nicht unbedingt ein zweites mal auf dieser EP braucht. Und dann ist da noch "Jordan", ebenfalls wie "Miststück" vom "Kopfschuss"-Album. Hier spielt vielleicht der persönliche Geschmack eine Rolle, aber ich bin mit diesem Song nie so richtig warm geworden und mir würden direkt eine ganze Hand voll Megaherz Songs einfallen, die sich an dieser Stelle besser auf der CD gemacht hätten. Zumal ich bis zum Schluss nicht weiß, was eigentlich der genaue Zweck dieser EP sein soll. "Alexx'" Gesang dem von "Lex" gegenüberstellen? Dafür sind sich die 4 Songs von Alexx zu ähnlich. Alle Songs sind eher schnell, gehen gut ab und haben eher wenig melodiösen und elektronischen Schnickschnack drum herum zu bieten. Aber "Alexx" kann mehr als das. Oder ging es darum eine Mini-Best Of abzuliefern? Abgesehen davon, dass 4 Songs schon sehr mager dafür sind, bin ich mir vor allem bei "Jordan" nicht sicher, ob wir da nicht bessere Songs von Lager gehabt hätten, zumal eh nur "Kopfschuss" und "Herzwerk II" als Alben berücksichtigt wurden.
So frage ich mich am Ende, für wen genau die CD etwas sein soll. Fans hatten die Songs (außer ganz evtl. "Es Brennt") eh schon alle im Regal stehen und Neulinge werden sich vielleicht nicht ausgerechnet "Mann von Welt" holen. Als Übersichtswerk würde ich da eher "Querschnitt" empfehlen. Schade ist auch, dass es auf "Mann von Welt" keine exklusiven Tracks gibt. Keine Remixe? Kommt schon! Gerade "Mann von Welt" dürfte sich mit diesem Riff doch sehr gut zum Remixen anbieten. Tut es ja auch, wie man später auf "Loblieder" hören konnte. Wer darauf gehofft hatte, dass die Songs irgendwie neueingespielt wurden, wird ebenfalls enttäuscht, obwohl Megaherz seit den letzten beiden Alben ganz gerne alte Songs mit "Lex" als neuen Sänger einzuspielen scheinen. Gerade "Miststück" und "5. März" könnte ich mir mit "Lex" ganz gut vorstellen.
So finde ich's schwer zu einem Gesamturteil zu kommen. Als Single halte ich "Mann von Welt" trotz Mangel an exklusivem Material für ganz brauchbar. Seinen Zweck, Lust auf "Heuchler" zu machen und zu zeigen, was der neue Sänger drauf hat, dürfte das Teil allemal erfüllt haben. Als EP ist "Mann von Welt" allerdings ziemlich überflüssig. Da das Material an sich inhaltlich (außer vielleicht "Jordan") einwandfrei ist, ist mir das immerhin noch 6.5 Punkte wert.
Punkte: 6.5 / 10