Eisregen Leichenlager (2000) - ein Review von Monolith

Eisregen: Leichenlager - Cover
1
1 Review
28
28 Ratings
8.04
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Black Metal, Death Metal


Monolith
24.08.2014 15:40

Während "Krebskolonie" das weitaus brutalere und akkustisch erbarmungslosere Album ist, und es vom Großteil der Eisregen-Fans als das mit Abstand beste bezeichnet wird, ist "Leichenlager" mein persönliches Lieblingsalbum von Eisregen. (deshalb auch keine 10 Punkte, da stark subjektiv). Denn in dieses Album fanden einige progressive Elemente ein und insgesamt bietet das Album einige Überraschungen, auch wenn spieltechnisch ziemlich auf die Bremse gedrückt wurde.

Wer bereits die "Fleischfestival" EP kennt, der kennt auch schon das erste Stück. "Des Heilands Haut" blieb, bis auf den "Begrüßungssatz", gänzlich unverändert. Ein guter Einstieg, zudem gefällt mir das Thema, das da behandelt wird.

Der Titeltrack lässt nicht auf sich warten und so handelt bereits das zweite Stück vom "Leichenlager". Hier zeigt sich, wie viele Ideen Eisregen haben. Ähnlich lang wie "Krebskolonie" und "das kleine Leben" auf dem letzten Album, wird man hier aber nicht von bombenden Riffs erschlagen, stattdessen zeigen sich Eisregen auch hier, was Geschwindigkeit angeht, eher gediegen und glänzen mit abwechslungsreichem Songwriting und wieder mit hervorragenden Lyrics.

Ein Lied wie "Feindbild Mensch" darf natürlich auch nicht fehlen, und so kommt das erste schnellere Stück auf dem Album mit einem misanthropischen Thema (welcher Text ist das bei Eisregen nicht?) daher. Wie man bei diesem Stück bereits heraushört, sind auf "Leichenlager" die schnelleren Stücke auch nicht so herausragend, wie auf dem Vorgänger, zumal die Produktion ziemlich drucklos ist. So kann man bei den Riffs in Liedern wie diesem, "die Seele der Todgeburt" und "Stirb lächelnd" nur gähnen. Letzteres ist besonders schlimm, da nicht einmal der Text vernünftig ist.

Ein paar "Liebeslieder" haben es auch auf's Album geschafft, so haben wir wieder einen Verehrer, der sich lieber mit ruhigen Frauen abfindet ("Bei den Gräbern", "nur dein Fleisch"), einen, der unter scharfen Frauen etwas anderes versteht ("...Und sie blutete nur einen Sommer lang") und einer, der wohl zu lange Metzger war. ("Zeit zu spielen")

Eisregen haben sogar ein Stück aus ihrer Demo neu aufgenommen. "Das Tor" (ursprünglich "Ich bin das Tor") kommt in neuem akkustischen Gewand und (logischerweise) deutlich besserer Produktion. Das meiner Meinung nach beste Stück nach "Leichenlager", da zwar etwas weniger abwechslungsreich, dafür aber umso härter, als der Titelsong.

Wer das Gleichnis "ihr seid das Salz der Erde" kennt, der kann schon ahnen, was Eisregen vorhaben, wenn sie ein Stück so benennen. "Salz der Erde" ist ein blasphemisches Stück, in dem aufgezählt wird, wie der Mensch bis heute seiner Verantwortung nachgegangen ist.

Was wäre eine deutsche Band mit deutschen Texten (meinetwegen auch mit Vokalisten, die das "r" rollen), wenn sie nicht ein mal in ihrer Karriere darauf aufmerksam macht, dass sie keine Nazis sind? "Heer der Ratten" ist zwar nicht so eindeutig wie beispielsweise Rammsteins "links, 2, 3, 4", hat man aber die ersten zwei Verse des Stücks gehört, zeigt sich schon deutlich, dass Eisregen sich damit von dieser Gruppe von Menschen distanzieren wollen (als würde es irgendjemanden überraschen!).

Dass Eisregen auch Lieder für Omi und Opi schreiben würden, hätte man bis "Fleischfestival" auch nicht gedacht, nichtsdestotrotz hat "schwarze Rose" einen gewissen Charme, begleiten Eisregen in diesem Stück einen alten Mann auf seinem letzten Weg und erinnern ihn an die Familie, die er verlor, und die er nach seinem Lebensabend nun wiedersehen kann. Ok, zugegeben, das Stück ist technisch gesehen vielleicht nicht wirklich auf Oma und Opa abgestimmt, wenn ich aber daran denke, was ich manchmal von meinen älteren Nachbarn höre, dann kann man die Lyrics genauso als Brief oder Gedicht an sie schicken und sie fühlen sich darin wiedererkannt. Traurig, aber leider wahr.


Bei "Leichenlager" handelt es sich nicht um ein technisches und lyrisches Massaker, wie auf seinem Vorgänger. Eisregen haben sich von vielem verabschiedet, was "Krebskolonie" zu einem Erlebnis gemacht hat, und versuchten etwas Neues, was spätestens nach dem zweiten Stück deutlich wird. Nur wenige Lieder sind eingängig, statt den knallenden Riffs dominiert hier in weiten Teilen die Bratsche, wie bereits erwähnt, auch der Tempowechsel von überwiegend schnell auf "Krebskolonie" zu langsam bis midtempo auf diesem Album sowie die Produktion - alles in allem ist das ein extremer Wechsel vom einen zum nächsten Album. Dass da hartgesottene Eisregen Fans zusammenzucken und sich fragen, was die im Studio getrieben haben, ist kein Wunder und für die wird das Album vielleicht nie etwas sein. Wer aber mehr als nur durchbangen will, der wird mit diesem Album seinen Spaß haben.

Punkte: 9 / 10


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