Das zeigt bereits der Opener "meine tote russische Freundin", der mit krankhaften Riffs + Bratsche und altbekannt makabrem Humor, der den Hörer packt!
Dass Eisregen auch mal Liebeslieder schreiben, in denen die Frauen (noch) leben (bleiben), hätte man sich vor dem Release dieses Albums auch nicht vorstellen können. "Im Reich der Fleischlichkeit" stirbt zwar mal wieder jemand, diesmal aber nicht die Geliebte. Technisch fast so bombastisch wieder der Vorgänger.
Ja, ok, zu früh gefreut, in "13" ist die Geliebte wieder bestattet, allerdings liebt ihr Verehrer sie nun nicht mehr körperlich. Außer dem rockigen Refrain ähnelt das Lied einer kitschigen Liebesballade. Gott sei dank wird hier gegrowlt.
Wer die Wiederkehr Neros möchte, wird mit "Deutschland in Flammen" vielleicht bedient sein. Den Einleitungssatz hat jeder von uns schon einmal zumindest gedacht und stimmt diesem vielleicht heute noch zu. Der Rest des Stücks ist leider weniger spektakulär, der Riffs klingt gut, und der Anfang der Nationalhymne auf Bratsche nachgespielt, ist vielleicht das einzige, was man von dem Lied im Gedächtnis behalten wird. Insgesamt das schwächste Lied auf dem Album.
"Dein Blut" hingegen ist das genaue Gegenteil und eine Kreuzung aus "scharlachrotes Kleid" (nicht nur technisch) und "meine tote russische Freundin. Roths Geschrei im Refrain beißt sich durch den Gehörgang. Das Highlight auf des Albums.
Womit wir nur beim Titelthema sind, das auf fünf Stücke verteilt ist. "Vorboten" kann man auch wörtlich nehmen, denn wenn man sich das Stück anhört, fragt man sich, was das soll, da es doch insgesamt sehr harmlos klingt. "Angst wird Fleisch" darf ebenfalls wörtlich genommen werden, denn Eisregen schaffen es wirklich perfekt die Lage des Protagonisten zu vertonen. Das Niveau hält sich bis zum fünften und letzten Teil des Konzepts, lediglich die Atmosphäre ändert sich im letzten Stück und ist nicht mehr makaber und grauenerregend, sondern klingt befreit, und passt auch gut zum Thema.
Nach der Horrorgeschichte folgen allerdings doch noch ein, zwei Stücke (je nach Edition). "Ein Jahr im Leben des Todes" ist nichts verglichen mit den fünf vergangenen Stücken und wird, sollte man sich das Album am Stück hören, schlimmstenfalls nicht nur vergessen, sondern gänzlich überhört. Verpasst hat man in diesem Fall aber auch nichts. Hört man die erste halbe Minute denkt man, es sei ein Nachwort zum letzten Stück, kurz darauf sind Gitarren zu hören, alles nichts besonderes. "Ein Jahr im Leben des Todes" bedeutet, dass aufgezählt wird, was in den 12 Monaten des vergangenen Jahres passiert ist (fiktiv). Das Stück hätte nach "Deutschland in Flammen" mehr Beachtung bekommen.
Das Digipak kommt mit einem weiteren Stück, nämlich einem Cover von Deaths "Born Dead". Wer das Stück kennt wird merken, dass es hier etwas gekürzt wurde. Auch klingt es soundtechnisch etwas anders, sonst ist aber alles beim alten.
Objektiv gesehen ist "Farbenfinsternis" der bessere Nachfolger von "Krebskolonie". Die Brachialität und das Groteske, das hier zu hören ist, machen das Album zu einem ziemlich schauderhaften Erlebnis seinesgleichen. "Krebskolonie" fand ich nur cool. "Leichenlager" sehe ich trotz seiner Texte fast schon als harmonisch an. Aber auf "Farbenfinsternis" haben Eisregen technische Wut und Atmosphäre großartig vereint. Man kann es als das letzte "Old School Eisregen" Album bezeichnen.
Punkte: 9.5 / 10