Pink Floyd Animals (1977) - ein Review von zound74

Pink Floyd: Animals - Cover
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1 Review
80
80 Ratings
9.08
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Art Rock, Progressive Rock, Psychedelic Rock



20.10.2006 09:43

"Animals" ist unterschätzt.
Im Jahre der Veröffentlichung bezeichneten Kritiker das Album als Kniefall vor der Punk-Bewegung und bezogen sich vor allem auf die zurückgenommene Produktion und die rockigen Gitarren. Ich bin der Ansicht dass diese Erklärung dem Konzept hinter "Animals" nicht gerecht wird und zu kurz greift, gerade weil wir mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 20 Jahren das Ende der Story kennen.
Es kann kein Zufall sein dass in den späten 70er Jahren zahlreiche Bands mit Wurzeln in den 60ern versuchten, neue Wege zu gehen, ihr Image loszuwerden und demzufolge wieder begannen, musikalisch zu experimentieren (vgl. die LPs der Rolling Stones, The Who und Black Sabbath aus dieser Zeit). Auch Roger Waters schien mitte der 70er Jahre zu spüren, dass Pink Floyd nach den Welterfolgen "The Dark Side Of The Moon" und "Wish You Were Here" und triumphalen Tourneen zu einem Markenzeichen zu degenerieren drohten, zu einer Band, die auf ein bestimmtes Image festgelegt war, um weiterhin Platten zu produzieren, die sich zwar glänzend verkaufen würden, musikalisch und literarisch jedoch bedeutungslos wären. Im Bestreben den Sound der Gruppe weiterzuentwickeln verwandelte sich Waters in einen berüchtigten Kontrollfreak, der die Nerven der übrigen Bandmitglieder einer andauernden Zerreißprobe aussetzte. Es galt sich von einigen Markenzeichen zu trennen, die Pink Floyd zur Supergruppe gemacht hatten: anstatt der Sphärenklänge von "Shine On..." (einem Track, der bei aller harmonischen Perfektion immer auch etwas betulich klingt) konfrontiert "Dogs", das Herzstück von "Animals", den Hörer vom ersten Moment an mit einer kalten, trostlosen und harten Klangwelt.
Unbescheiden kategorisiert Roger Waters die Menschheit als Hunde, Schweine und Schafe und lässt seinem Sarkasmus freien Lauf. Im Aufbau repräsentiert "Animals" das exakte Gegenstück von "Wish You Were Here": wie beim Vorgänger findet sich ein zweigeteilter Song als Intro und Outro der LP, doch die drei zentralen Tracks sind überlang und monumental, während Teil 1 und 2 von "Pigs On The Wing" akkustisch, leise und je nur eineinhalb Minuten lang sind. Radiotaugliche Nummern? - Fehlanzeige!
"Pigs" (Schweine) sind bei Orwells Novelle "Animal Farm", die Waters als lose Vorlage diente, bekanntlich die herrschende Spezies. Textlich räumt Waters ihnen demzufolge mit "Pigs (Three different ones)" den breitesten Raum ein, zumindest was ihre Typifizierung angeht. Nebenbei machte Waters hier mit Mary Whitehouse eine hartnäckige Kritikerin der Floyd und der Popkultur der 60er unsterblich. Musikalische Höhepunkte setzt der atmospärisch dichte, aus einem einfachen, ständig kreisenden und sich steigerndem Motiv von Gilmour bestehende Mittelteil und des Ende mit dem treibenden, dominierenden Bass und einem flammenden Gitarrensolo (eines von Gilmours besten).
"Sheep" versetzt den Hörer zunächst auf eine scheinbar idyllische, saftige Weide, in bester Floyd-Tradition blöken Schafe und zwitschern Lerchen, während Rick Wrights Intro (eine absolute Sternstunde des Keyboarders) an dunkle Wolken gemahnt, die sich am Horizont zusammenziehen, ehe sich die Spannung in Gilmours Power-Riff und Waters Schreien entlädt. Härter rockten Pink Floyd seit "The Nile Song" vom "More"-Soundtrack nicht mehr. Der Mittelteil von "Sheep" beinhaltet eine bittere Satire auf Psalm 23: Das Glaubensbekenntnis der Schafe als zeitlose Mahnung gegen blinde Gefolgschaft, geistige Apathie und Indifferenz.
Kritiker wenden gegen "Animals" häufig ein, dass das Album traurig und depressiv wirke, der misanthropische Weltentwurf eines verbitterten und verbissenen, alternden Rockstars sei. Ich halte dem entgegen, dass Waters auch schon auf TDSOTM und WYWH Entfremdung, Paranoia und Gier thematisiert hatte - keine "schönen" Themen, wenngleich in Sphärenmusik verpackt. Außerdem und wichtiger noch, "Animals" bietet ein echtes "Happy End": das Aufbegehren der Schafe endet im Triumphzug, kaum sind die letzten mächtigen Akkorde von "Sheep" verhallt, endet die Platte im tröstlichen "Pigs On The Wing" - also Erlösung durch Liebe, kann es ein versöhnlicheres Ende geben?
Für Fans, die erst mit den beiden Vorgänger-CD's zu Pink Floyd gestoßen waren, war "Animals" sicher ein Schock. Aber das Ziel der Band und insbesondere Waters war es, mit "Animals" das Patina der Unschuld und Berechenbarkeit abzulegen, das Pink Floyd nach ihren Welterfolgen in den 70ern angesetzt hatten. Nun sollte ein neues Kapitel in der Bandgeschichte aufgeschlagen werden - wie wir heute wissen, mit großem Erfolg. Siehe: The Wall

Punkte: 9 / 10


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