Ganze 4 Songs auf dem Album würde ich ohne weiteres als Ballade bezeichnen, was für Rammstein durchaus eher untypisch ist. Dem gegenüber stehen dann aber auch 4 ordentliche Brecher, die teilweise mit zu dem härtesten zählen, was man von Rammstein kennt. Der Rest bewegt sich irgendwo dazwischen. Insgesamt also schonmal eine interessante Kombination.
Fangen wir mal bei den 4 Balladen an. Als erstes hätten wir da "Wo bist du". Der Song hat bei mir ein paar Hördurchläufe gebraucht, bis ich damit so richtig etwas anfangen konnte. Heute mag ich ihn. Er fängt ziemlich ruhig an und steigert sich immer mehr bis zum dramatischen Finale. Till bringt dabei ganz gut Emotionen rüber und die einsetzenden Gitarrenriffs tun dazu ihr Übriges. Gut gefällt mir auch, wie der Song ähnlich zu "Du Hast" am Anfang mit unvollständigen Sätzen spielt, und jedes mal ein Wort hinzufügt, woraus sich neue Interpretationsmöglichkeiten ergeben. Direkt danach kommt dann die Kitsch-Ballade "Stirb nicht vor mir" oder auch "Don't Die Before I Do". Diese kommt deutlich sanfter aber auch poppiger daher als "Wo bist du". Eine Besonderheit an diesem Song besteht darin, dass die Lyrics teilweise auf englisch sind und sich Till (zum Glück) nicht selbst an den englischen Parts versucht, sondern das Ganze im Duett mit Sharleen Spiteri singt. Die beiden harmonieren ganz gut miteinander und der Song sicherlich ganz interessant, wenn man als Rammsteinfan für soetwas zu haben ist, wobei Sharleen Spiteri für diese Art von Lovesong besser gemacht zu sein scheint als Till Lindemann die Vocals daher auch besser auf die Reihe bekommt.
Dann hätten wir da noch "Feuer und Wasser", wozu es eigentlich garnicht so viel zu sagen gibt, außer dass ich den Song langweilig finde. Er kommt irgendwie nicht richtig in Fahrt, spricht mich textlich nicht an und bleibt für mich auch nach häufigem Anhören belanglos. Für mich persönlich der schwächste Song auf „Rosenrot“, den ich auch gerne mal überspringe. Als letzte Ballade und auch letzter Song auf dem Album steht dann „Ein Lied“ auf dem Programm. Seit „Mutter“ ist es ja Tradition bei Rammstein den letzten Song eines Albums besonders ruhig zu gestalten, was bei dem eh schon ruhigen „Rosenrot“ garnicht mal so einfach ist. „Ein Lied“ sticht in dieser Hinsicht trotzdem hervor, denn hier gibt es weder E-Gitarren noch Schlagzeug und Till besingt die eigene Band einzig und allein in dezenter Keyboard und Akustikgitarrenbegleitung. Das Ergebnis ist nicht schlecht. Sicher kein Song, nach dem sich alle auf den Konzerten reißen ihn zu hören, aber als Abschluss für dieses Album mehr als passend und gut gelungen.
Dann gibt es ja wie gesagt noch 4 etwas härtere Stücke auf dem Album. Den Anfang macht gleich mal der Opener „Benzin“, der schonmal ein gutes Tempo vorlegt. Schlecht ist daran sicherlich nichts, wobei mir persönlich der Song doch etwas zu platt und eintönig daherkommt. Ich hätte ihn auch nicht unbedingt gleich als Opener gebraucht. Gleich danach gibt es mit „Mann gegen Mann“ einen Song, der sich in den Strophen einigermaßen zurückhält, aber in den Refrains mit Wänden aus Gitarrenriffs richtig aufdreht und zum Schluss hin noch einmal das Tempo ordentlich steigert. Musikalisch geht das in Ordnung, obwohl er zwischendurch (in den Strophen) sicher seine Längen hat.
Ein Highlight ist dagegen für mich „Zerstören“. Hier ziehen rammstein mit allem was sie haben in die Schlacht, es gibt konsequent musikalisch auf die Fresse und es wird keine Sekunde verschwendet, in der man noch mehr mit dem Tempo nach vorne gehen könnte. Klasse Song – ich bin wunschlos glücklich! „Te Quiero Puta!“ ist dann wieder etwas experimenteller aber nicht weniger hart. Hier beweist Till Lindemann, dass sein Gesang auf spanisch ebenso merkwürdig klingt wie auf englisch oder französisch. Ansonsten geht der Song sehr gut ab, macht gute Laune und sorgt mit dem Einsatz von Blasinstrumenten für Abwechslung.
Unter den restlichen Songs befindet sich dann auch der Titelsong „Rosenrot“, der textlich eine Mischung aus „Heidenröslein“ und „Schneeweißchen und Rosenrot“ darstellen soll. Auch hier habe ich nichts auszusetzen. Obwohl der Song sehr gut ins Ohr geht, wird er nicht langweilig und macht auch nach knapp 10 Jahren noch Spaß. „Spring“ ist einer der Songs, die ich früher mehr mochte als heute. Damals habe ich mich an der unheilschwangeren Atmosphäre und den Hymnenhaften Refrain erfreut. Heute kommt er mir etwas zu langsam in Fahrt und der gesellschaftskritische Text ist mir dann doch etwas zu platt und plakativ. Aus heutiger Sicht für mich ein okayer Song, der sich irgendwo im guten Mittelmaß bewegt. Bleibt nur noch „Hilf Mir“ übrigt, was für mich als Fan vom „Struwelpeter“ ganz interessant ist, da „Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug“ die Grundlage für diesen Song liefert. Rammstein und Feuer passen natürlich immer gut zusammen und dieser Song ist da keine Ausnahme. Der Song fährt ein etwas langsameres Tempo, walzt aber trotzdem alles nieder.
Alles in allem bin ich zu „Rosenrot“ etwas positiver eingestellt als viele Fans. Es gefällt mir sogar besser als „Reise Reise“. Natürlich ist nicht jeder Song ein Volltreffer, aber die Songs, die gefallen, gefallen dafür umso mehr. Wirklich schwache Songs gibt es für mich außer „Feuer und Wasser“ ebenfalls keine und das Gesamtbild ergibt bei mir auch eine runde Sache. Ich finde es in keinster Weise schlimm, dass das Album etwas ruhiger ist, warum auch? Das Album hat eine ganz eigene Atmosphäre, zu der das Cover auch ganz prima passt, es ist abwechslungsreich, beinhaltet ein paar originelle Ideen und ich würde es in meiner Rammstein-Sammlung nicht missen wollen.
Punkte: 8.5 / 10