Exodus Tempo Of The Damned (2004) - ein Review von Leodoom

Exodus: Tempo Of The Damned - Cover
2
2 Reviews
51
51 Ratings
9.06
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Thrash Metal


Leodoom
12.10.2011 02:34

Es ist Abend, während ich diese Zeilen schreibe - genau genommen sogar tiefe Nacht. Eine Nacht Mitte Oktober 2011. Gute 7 Jahre nach der Veröffentlichung von Exodus' Comeback-Album "Tempo Of The Damned". Ich hatte ganze 7 Jahre um dieses Album immer und immer wieder zu hören, zur Seite zu legen, wieder zu hören, andere Thrash-Releases einzulegen, das Album wieder zu hören, es zu verlegen, wiederzufinden, wieder zu hören und noch mehr zu hören.
Und nach 7 Jahren traue ich mich an das frevelhafte Urteil:

"Tempo Of The Damned" ist das mit Abstand beste Thrash Metal-Album der letzten gut 20 Jahre.

Exodus tun mit "Tempo Of The Damned" dass, was sie bereits mit "Bonded By Blood" 1985 für die 80er getan haben: Sie fangen den Hass und die Wut der 00er perfekt ein. Das Album ist eine gut geölte Vernichtungsmaschinerie; eine alte und kampferprobte Karosserie, auf die ein Haufen neuer Waffen montiert wurden.
Ohne den Druck der später folgenden Retro-Thrash-Welle reihen Exodus hier ein Thrash Metal-Monster ans nächste, gehen dabei variabel und melodisch und zur selben Zeit brutal und rabiat vor. Up-Tempo-Granaten wie der bitterböse Opener "Scar Spangled Banner" oder das Rauswurf-Riffmonster "Tempo Of The Damned" paaren sich mit Groovern wie "Sealed With A Fist" oder dem genialen "Blacklist", was bis heute auf keinem Konzert fehlen darf. Kompakte Nummern wie "War Is My Sheppard" (zu dem auch ein Videoclip gedreht wurde) sind auf dem Album ebenso vertreten wie die fast achtminütige Odyssee "Forward March" - ein Song, der mit seiner Überlänge, seinem komplexen Aufbau wie auch mit seinem gnadenlosen Groove die Richtung vorgibt, in die Exodus sich mit den nächsten Alben entwickeln würden.

Dass als Sänger ursprünglich der verstorbene Paul Baloff eingeplant war, merkt man dem Album zu keiner Sekunde an. Paul in allen Ehren, aber ich bezweifle dass er dieses Album auch nur annähernd so perfekt gesungen hätte wie Steve "Zetro" Souza es hier getan hat. Zetros Stimme passt einfach perfekt ins Gesamtbild - Hart, rhytmisch, räudig und durchsetzungsstark, jedoch nie um eine gute Melodie verlegen (man höre sich nur den tollen Refrain von "Culling The Herd" an!). Ich muss an dieser Stelle fairerweise anmerken dass mir Zetros Stimme seit jeher mehr zusagte als das eher kreischende, verschrobene (und zugegebenermaßen verdammt brutale) Organ von Paul Baloff, aber ich denke nicht dass jemand diese unglaubliche Gesangsleistung runterreden will. Was hier an Agression, Wut und purer Energie rüberkommt ist einfach grandios und wurde von Exodus und ihrem jetzigen Frontmann Rob Dukes (der weit davon entfernt ist, schlecht zu sein) nie wieder erreicht.
Die Gitarrenfraktion "Doppel-R" - Gary Holt und Rick Hunolt - wirft den Zuhörer gleich aus den ersten Tönen von "Scar Spangled Banner" heraus in ein Minenfeld der großen Riffs. Ob hochpräzises Powerchord-Gehämmer oder melodische Double-Leads, was hier abgeliefert wird ist allerhöhste Güteklasse. Und wenn die Soloduelle losgehen gibt es kein Halten mehr, da wird alles ausgepackt was möglich ist.
Tom Huntings Schlagzeugarbeit steht dem in nichts nach; die Fulltime-Beats sind so typisch "Hunting", dass man eigentlich schon an der Drumspur erkennen müsste, dass es sich hier um ein Exodusalbum handelt. Die zeitweise durchratternde Doublebass drückt die Magengrube an die Wand. Tight!
Bleibt noch der Bass von Jack Gibson, der den Sound zusammenhält und dank eines sauberen Mixes stellenweise auch sehr deutlich zu hören ist (für mich immer ein Pluspunkt).

Verpackt ist das ganze in eine knackige Produktion, die zwar sehr modern anmutet, jedoch nie klinisch und unnatürlich klingt, sondern einfach nur fett. Der Mix und sauber und transparent (weswegen man z. B. den Bass sehr deutlich wahrnimmt), drückt aber trotzdem satt. Man mag über Andy Sneap lästern so viel wie man will, Fakt ist jedoch dass es genau dieser Sound ist, der heutigen Produktionen wie Artillery's "My Blood" oder Onslaughts "Sound Of Violence" abgeht und diese Alben erst wirklich grandios gemacht hätte.
Abgerundet wird dieses Monster von einem Album von einem Artwork der großartigen Jowita Kaminska, das wieder herrlich anders aussieht als die heute gängigen typischen Thrash Metal-Cover, aber einfach perfekt auf das Album und auch insbesondere auf Exodus passt und durch sein ungewöhnliches Motiv gut im Gedächtnis bleibt.

Das wirklich schöne und besondere an diesem Album ist jedoch seine Langzeitwirkung: Viele Alben hört man vier, fünf Mal, zieht sich bestenfalls die beiden Hits auf den MP3-Player und lässt es dann über Jahre verstauben. "Tempo Of The Damned" hingegen kann sich in eine Reihe mit so namenhaften Alben wie "Screaming For Vengeance", "Feel The Fire" oder "Piece Of Mind" gesellen - man kommt davon nicht los. Man kommt immer wieder darauf zurück - Weil es eben kein Abklatsch ist sondern das Original. Ein Sound, der definierte, wie amerikanischer Thrash im neuen Jahrtausend zu klingen hat.

In den letzten Jahren wurden Dutzende großartiger Thrash Metal-Alben veröffentlicht. Abgesehen von Kreator's "Enemy Of God" hat aber keine Platte auch nur ansatzweise an dem Thron gekratzt, auf dem "Tempo Of The Damned" sitzt. Brutalität, Agression, intelligente, zeitkritische Texte (ein Markenzeichen, dass Exodus mittlerweile leider aufgegeben haben), eine fette Produktion und der ganz eigene Charakter setzen dieses Album an die Spitze jedes Pflichtprogramms für Old School Thrasher und auch sonstige Metalheads. Bay Area Thrash wird nicht besser als das!

Anspieltipps: "Scar Spangled Banner", "War Is My Sheppard", "Blacklist", "Forward March", "Sealed With A Fist", "Tempo Of The Damned"

Punkte: 10 / 10


Warum sind die Cover-Bilder verpixelt?

Bedankt euch bei deutschen Abmahn-Anwälten

Leider passiert es immer wieder, dass Abmahnungen für angebliche Copyright-Verletzungen ins Haus flattern. Ganz häufig ist es der Fall, dass auf dem Frontcover ein Foto oder eine Grafik eines Fotografen oder Künstlers genutzt wird, was dann nur mit dem Namen der Band und dem Titel des Albums versehen wurde. Das ursprüngliche Foto/Kunstwerk ist somit immer noch sehr prominent zu sehen. Die Abmahner nutzen zumeist automatisierte Prozesse, die das Netz nach unlizensierten Nutzungen der Werke ihrer Mandanten durchsuchen und dabei Abweichungen bis zu einem gewissen Prozentgrad ignorieren. Somit gibt es also häufig angebliche Treffer. Obwohl das Foto/Kunstwerk von den Plattenfirmen oder Bands ganz legal für die Veröffentlichung lizensiert wurde, ist dies den Abmahnern egal, ganz oft wissen die ja nicht einmal, was für eine einzelne Veröffentlichung abgemacht wurde. Die sehen nur die angebliche Copyright-Verletzung und fordern die dicke Kohle.

Da Musik-Sammler.de nachwievor von privater Hand administriert, betrieben und bezahlt wird, ist jede Abmahnung ein existenzbedrohendes Risiko. Nach der letzten Abmahnung, die einen 5-stelligen(!) Betrag forderte, sehe ich mich nun gezwungen drastische Maßnahmen zu ergreifen oder die Seite komplett aufzugeben. Daher werden jetzt alle hochgeladenen Bilder der Veröffentlichungen für NICHT-EINGELOGGTE Nutzer verpixelt. Wer einen Musik-Sammler.de Nutzeraccount hat, braucht sich also einfach nur einmal anmelden und sieht wieder alles wie gewohnt.