Die damals neuen Songs waren noch progressiver, vertrackter, länger und anspruchsvoller als alles was die Band bis dato aufgenommen hat - rausgekommen sind 9 hammerharte Stücke - das ultraschnelle "Dyers eve" ist mit 5:12min. noch das kürzeste... Mit den letzten Burton-Riffs wurde das fast 10-minütige "To live is to die" aus allein schon 15 Gitarrenspuren zusammengeschustert - ansonsten wird nicht nur auf Vollgas gesetzt; mit "Harvester of sorrow" (das als Single ausgekoppelt wurde) und ihrer ersten Single der Scheibe "Eye of the beholder" richtete man damals natürlich unbewusst die Fühler Richtung kommendes "Black Album" aus.
Der Opener "Blackened" steht dem Opener "Battery" von "Master of puppets" in nichts nach und fährt das volle Brett - absolut brillant...
Und mit der wunderschönen "Halbballade" und Single "One", zu der man das erste Video drehte, machte die Band klar, dass sie auf Kompromisse oder Diktate scheisst; "Metallica" machten das, was sie für richtig hielten.
Zurecht; das 1988 erschienene Album wurde 1989 für einen Grammy nominiert - der Altherren-Jury waren die wilden "Metallica" wohl zu verdächtig, und so ging der Preis an "Jethro Tull" für ihr handzahmes Werk "Crest of a knave". "Metallica" nahmen es mit Humor; ab dem Zeitpunkt priesen sie eine Zeit lang ihr neues Album mit dem ironischen Sticker "Grammy Award losers" an. Ein Jahr später sollten sie dann ihren ersten Grammy kriegen.
Die oft bemängelte Produktion spaltete die Fans in 2 Lager; die einen (wie ich) finden den bedrohlich trockenen Klang von "..and justice for all" fabelhaft; fies und kraftvoll, direkt. Andere fanden den Sound (für mich unnachvollziehbar) zu dünn, weil man ohne Reverb arbeitete und die Bässe fast ganz in den Hintergrund gemischt wurden, stattdessen die Bassdrum hochgezogen wurde, um die Tiefen zu füllen. Bis heute sagen die Einen dieses, die Anderen jenes - für mich persönlich ist "...and justice for all" das stärkste und krasseste "Metallica" Album und feuert aus allen Rohren. Kein schwacher oder mittelmässiger Track ist zu hören - selbst das vielsagende, zum Inhalt des Titeltrack passende Coverartwork (das von "Samsons" "Shock tactics" inspiriert scheint) sieht wunderbar aus und so ist dieses Kunstwerk einer Platte auch noch ideal verpackt!
"...and justice for all" ist die optimale Prog-Thrash-Scheibe (Spielzeit; etwa 65min, was ein Doppelalbum zur Folge hatte), was später oft kopiert wurde, jedoch nie mehr erreicht werden konnte - die Band selber sah das allerdings anders; viele Stücke (insbesondere der lange Titeltrack) langweilten sie und so spielten sie die Stücke der Platte selten live - oft nur in einem "...and justice for all"-Medley.
Punkte: 10 / 10