Kreator Endorama (1999) - ein Review von DarkForrest

Kreator: Endorama - Cover
2
2 Reviews
55
55 Ratings
7.08
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal


DarkForrest
02.05.2019 07:58

“Endorama” dürfte wahrscheinlich mit das umstrittenste Album in Kreators gesamter Discographie sein. Klar - Thrash Metal der 90’er ist eh eine etwas heikle Sache und fast jede namhafte Band hat in dieser Zeit die eine oder andere “komische” Entwicklung durchgemacht. Für Kreator (die sich zumindest meiner Meinung nach vergleichsweise gut gehalten haben in dieser Zeit) hieß das ein wildes Experimentieren mit allen möglichen Genres, was schon bei “Renewal” angefangen hat und hier auf “Endorama” schließlich seinen Höhepunkt findet.

Ich muss sagen, es ist laaaange her gewesen, dass ich “Endorama” am Stück gehört habe. Eigentlich ist mir nur der Opener “Golden Age” im Gedächtnis geblieben. Ich erinnere mich aber daran, dass ich das Album nie wirklich schlecht fand, es aber einfach zwischen den älteren und neueren Thrash-Granaten wie “Pleasure To Kill” aber auch “Phantom Antichrist” ziemlich untergegangen ist. Entsprechend unvorbereitet war ich dann auch, als ich es mir jetzt mal wieder komplett gegeben habe, denn… Wow - Kreator haben sich hier ziemlich von dem entfernt, womit man sie eigentlich in Verbindung bringt.

Ich weiß gar nicht, in welchem Genre wir hier mittlerweile angekommen sind. Goth Rock mit leichten Metal Einflüssen? Macht euch auf jeden Fall auf cleane Vocals, Keyboardeinsatz und deutlich ruhigere Songs ohne Kreators typische Aggression gefasst. Das klingt jetzt sehr negativ, aber je nachdem wie offen man an die Sache rangeht, kann es auch sehr interessant sein, sich mal durch “Endorama” durchzuhören.

So wie ich’s in Erinnerung habe ist “Golden Age” auch direkt der einprägsamste Song, den “Endorama” zu bieten hat und was soll ich sagen? Das Ding rockt wirklich. Abgesehen von der Tatsache, dass so ziemlich alles auf dem Album sich mit dem Rest von Kreator beißt fällt mir auch kein Grund ein, warum “Golden Age” im Vergleich zu “Phobia” (welches ja vom ebenfalls recht exotischen “Outcast” kommt) nicht mal länger im Live Set dabei war.

Für den Titeltrack hat man sich dann gleich mal Tilo Wolff von Lacrimosa mit an Bord geholt, wodurch die Gothic Ausprägung nochmal zusätzlich untermauert wird. Das Tempo wird hier etwas angezogen, aber alles bleibt extrem zugänglich, fast schon poppig. Wenn das mal kein tanzbarer Metal ist, dann weiß ich’s auch nicht mehr. Und das meine ich auch wieder eher positiv - sofern man bei sowas natürlich nicht von Haus aus das kalte Kotzen kriegt. “Shadowland” geht in eine andere Richtung und erinnert noch am meisten von allen Stücken auf “Endorama” daran, dass Kreator eigentlich Thrash Metal machen. Wir haben hier durchaus aggressiven Gesang von Mille, gut unterstrichen durch die Gitarren und schön düstere Lyrics. Das einzige, was dem komplett entgegen wirkt ist das… sagen wir mal “sonnige” Gitarrenriff im Refrain. Diese Kombination klingt etwas paradox, aber für mich funktioniert diese Art von endoramafiziertem Thrash Song ganz gut.

Richtig gemütlich wird's dann mit “Chosen Few”. Ganz langsames Tempo, durchweg cleane Vocals und wer noch dachte, dass “Black Sunrise” auf “Outcast” der Höhepunkt dieser Entwicklung war, wird hier eines besseren belehrt. Nett: der Song hat einen schönen Ausklang mit absolut nahtlosem Übergang zum folgenden “Everlasting Flame” (ja, ich mag sowas). Die nächsten beiden Songs spielen ein wenig mit dem Tempowechsel zwischen langsamen und ruhigen Strophen und kraftvollen Refrain. Mir persönlich gefällt “Everlasting Flame” besser, da es etwas runder klingt als “Passage To Babylon”. “Besser” heißt in dem Fall sogar richtig gut. Die Melodie ist wirklich episch und hat sich jetzt schon einige Tage in meinem Kopf festgesetzt. “Passage To Babylon” ist mir dagegen etwas zu sehr einfach nur mehr des selben. Lustig finde ich, wie Mille in den Strophen nur von Bass und Schlagzeug begleitet wird, um dann im Refrain den Härtegrad maximal aufzudrehen. Meh - funktioniert nicht ganz.

Nach ungefähr der Hälfte des Albums machen sich auch langsam die ersten Abnutzungserscheinungen breit. Bis jetzt war nichts wirklich schlimmes dabei, aber ich merke, wie es ich doch so langsam etwas härteres oder schnelleres vermisse. “Future King” schafft da nur bedingt Abhilfe. Zwar zieht das Tempo wieder etwas an (Also für “Endorama” Verhältnisse), aber viel mehr Neugkeitswert wird hier nicht geboten. Richtig weird wird es dann mit “Entry” und “Soul Eraser”. Ersteres ist ein durch und durch kitschiges Keyboardintro zum nachfolgenden “Soul Eraser”, welches nochmal versucht, möglichst viel Härte aufzubauen. Zuerst einmal kann ich mit beiden Songs nicht so viel anfangen. Das ist sicherlich Geschmackssache, aber “Soul Eraser” klingt eher merkwürdig, was denke ich vor allem an Milles seltsam verzerrten Vocals liegen dürfte und der erzwungene Kontrast zwischen zart und hart? Ich weiß nicht… “Entry” hätte wohl zu jedem anderen Song auf “Endorama” besser als Intro gepasst.

“Willing Spirit” ist dann wieder durch und durch eingängig, macht wenig direkt falsch, bleibt aber auch nicht wirklich im Gedächtnis. Besser finde ich da wieder “Pandemonium”, welches ein paar 1A Gitarrenriffs am Start hat und endlich doch nochmal etwas Tempo und Härte reinbringt, ohne dass es so merkwürdig klingt wie “Soul Eraser”. Nach einem absolut beschissenen Übergang (ernsthaft - was soll das mit der Lautstärke?!) lässt “Tyranny” das Album dann schließen ausklingen. Schön melodisch und ein ganz netter Abschluss, der aber keine großen Experimente mehr mit reinbringt.

Das wäre dann auch schon “Endorama”. Definitiv Kreators ruhigstes, experimentellstes und Gothic angehauchteste Album. Ich kann mich der Kritik vieler Fans zwar nicht unbedingt anschließen, aber zumindest verstehen, dass das für viele nicht mehr unbedingt das war, was sie sich von Kreator erwartet haben. Ich persönlich mag ja den einen oder anderen Song recht gerne. “Golden Age”, “Everlasting Flame”, “Pandemonium” - alles Stücke, die es wert sind gehört zu werden. Das Album als Gesamtwerk ist da schon etwas schwieriger. Bei weitem ist es nicht schlecht, aber ein Teil ging für mich doch ziemlich daneben (“Entry” und “Soul Eraser” - ich schaue auf euch) oder ist strunzlangweilig wie “Future King”. “Endorama” hat sicherlich seinen ganz eigenen und unverwechselbaren Stil, beißt sich aber ziemlich mit dem Rest von Kreators Werdegang. Das muss zumindest ‘ne ziemlich lustige Tour gewesen sein. Ich stelle mir gerade vor, wie Kreator versuchen, sowas wie “Endorama” oder “Chosen Few” mit “Terrible Certainty” oder “Extreme Aggressions” live unter einen Hut zu bringen. Vielleicht wäre es auch sinnvoller gewesen, das ganze zu ‘nem Soloprojekt zu machen - dann hätte es auch weniger Fan-Backlash gegeben. Aber auch wenn “Endorama” nicht unbedingt mit der Elite der Kreator Alben mithalten kann, bin ich doch froh, mal wieder reingehört zu haben.

Punkte: 6 / 10


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