Kreator Cause For Conflict (1995) - ein Review von DarkForrest

Kreator: Cause For Conflict - Cover
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1 Review
54
54 Ratings
7.71
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Industrial Metal, Thrash Metal


DarkForrest
24.05.2019 20:24

Nach dem in vielerlei Hinsicht eher "schwierigen" Album "Renewal" stand 1995 das nächste und insgesamt zweite Album von Kreators experimenteller Phase in den Ladenregalen - "Cause For Conflict", eines der ganz wenigen Alben von Kreator, die ich nicht schon länger bei mir liegen habe. Erst jetzt, wo ich mich ausgiebig durch deren 90'er Dekade höre, habe ich das endlich mal nachgeholt. Das hat einen Vorteil: 2018 gab's 'ne Neuauflage im hübschen Digi-Book mit 3 Bonus Tracks - also Zeit zuzugreifen! Apropos hübsch: ich mag das in kühlen Farben gehaltene Cover, welches dem von Kreator häufig verwendeten Motiv des Monsterkopfes auf dem Cover eine sehr moderne Wendung gibt.

Direkt beim ersten Reinhören fällt mir so einiges auf. Zuerst einmal wird sich dem Thrash Metal wieder deutlich angenähert - von den 4 experimentellen Alben definitiv das thrashigste. Gleichzeitig ist es weiterhin ein gutes Stück von dem entfernt, was man sonst von Kreator kennt. Was wir hier haben ist der damals moderne Thrash Metal mit viel Groove und zwischendurch hat man gerne mal das Gefühl gerade Pantera oder "Divine Intervention" von Slayer zu hören (was leider auch nicht unbedingt mein Geschmack ist). Die gute Nachricht: im Gegensatz zu "Renewal" ist der Sound im großen und ganzen klasse. Der Bass ist hier besser hörbar als so ziemlich auf jedem Album der Ruhrpottler und das Schlagzeug geht hier total durch die Decke. Das könnte unter anderem auch daran liegen, dass Ventor hier ausnahmsweise mal nicht mit von der Partie ist und durch Joe Cangelosi ersetzt wurde. Nix gegen Ventor, aber der gute Joe legt hier einen 1-A Job hin und sorgt nach den viel zu "hohl" abgemischten Drums auf "Renewal" für willkommene Abwechslung. Die Vocals sind hier "interessant". Erneut ein Schritt nach vorne nach dem Vorgänger, aber deutlich tiefer als man das von Mille kennt, was im Ergebnis nicht direkt schlecht, aber ungewohnt und auch etwas generischer klingt. Hin und wieder habe ich das Gefühl, irgendeine 90'er Thrash Band zu hören, die ich nicht kenne, anstatt Kreator. Wirklich im Nachteil sind hier aber nur die Gitarren. Der Anteil an Solos, die sich hervorheben ist erschreckend gering und irgendwie fallen die Riffs selbst im Vergleich zu "Renewal" flach.

Oh, und der ganze Aufbau des Albums nimmt direkt mal 4 Spuren Abstand von den langen, sperrigen Songs auf dem Vorgänger. Statt 8 Songs haben wir jetzt 12 (bzw. im Re Release sogar 15) die teilweise sehr kurz und knackig sind und auch schonmal die 2-Minuten Marke unterscheiden. Das führt auch dazu, dass jeder direkt besser in "Cause For Conflict" reinkommt, aber die Songs dafür auch nach häufigem Hören nicht deutlich an Qualität gewinnen wie das vorher der Fall war (ich habe "Cause For Conflict" fairerweise wirklich oft und ausgiebig gehört in den letzten Wochen). Ansonsten schreckt man auch diesmal vor ein paar Industrial Einflüssen nicht zurück, was manche Hardcore Fans sicher anpisst, mich aber nicht stört und setzt auf umso mehr auf politische Texte, womit ich gar kein Problem habe, denn wenn wir mal ganz ehrlich sind: die Lyrics über Tod, Krankheit, Folter und endlose Schmerzen der 80'er waren vielleicht ganz "kultig" aber gerade wenn man sich mal die Mühe macht sie in Ruhe anzuhören oder zu lesen etwas schwach. Da kann "Cause For Conflict" schon mehr.

"Prevail" macht seinen Job als Opener sehr gut und lässt alles, was die Band an stilistischen Änderungen reingebracht hat hier besonders gut klingen. Wir haben direkt ein klasse klingendes Schlagzeug, einen sehr prominenten Bass und ausnahmsweise sogar mal das eine oder andere brauchbare Gitarrenriff. Ansonsten hat man auch versucht jedes Spektrum an Tempo unterzubringen. Dadurch wirkt der Track höchstens etwas überladen, sonst macht er aber viel Bock auf den Rest des Albums. "Catholics Despots" schraubt dann direkt den Härtegrad nach oben und zeigt, dass wir es hier insgesamt mit einem sehr aggressiven Album zu tun haben werden, was mir ganz recht ist, auch wenn's mir zwischendurch zu sehr nach Slayer klingt.

Dann lieber ein wirklich ehrliches Brett ohne zu große Spielereien wie "Progressive Proletarians". Das Ding geht einfach nur nach vorne, klingt nach Kreator und versucht nicht krampfhaft in irgendein Schema zu passen. Sehr spannend wird es dann aber mit "Crisis Of Disorder", welches die Fans nochmal richtig spalten dürfte. Sehr entspannter Einstieg und recht einzigartige Vocals, was mich alles fast schon an Fear Factory erinnert. Abgesehen davon, dass ich Fear Factory mag, klingt "Crisis Of Disorder" zum Glück aber immer noch eigen genug, um wirklich eine Identität zu haben. Vom regulären Album ist das für mich der Song, der am meisten positiv hervor sticht und auch einer der wirklich positiven Songs, welche die experimentelle Phase hervor gebracht hat und die außerhalb dieser Zeit nicht vorstellbar gewesen wären.

"Hate Inside Your Head" tritt wieder einfach nur Arsch ohne besondere Schnörkel, ähnlich wie "Progressive Proletarians". Besonders nett finde ich den "Riots Escalate!" Part zum Ende. "Bomb Threat" ist dagegen zwar ähnlich aggressiv, aber etwas zu kurz, um wirklich rein zu kommen. Das Problem habe ich manchmal bei sehr kurzen Thrash - Songs (einer der Gründe warum "Reign In Blood" von Slayer für mich jetzt nicht der heilige Gral ist) und bei "Bomb Threat" geht es mir auch so, dass der Song so ziemlich in dem Moment abbricht, wo ich gerade anfange ihn zu mögen.

"Men Without God" spricht mich textlich sehr an (laut dem Kommentar von Mille war er in der damaligen Zeit sehr von einer atheistischen Weltsicht fasziniert). Musikalisch geht er in Ordnung. Ein paar nette Lead Gitarrenparts und Tempowechsel, wo sie passen, aber sonst etwas wenig was ihn unbedingt hervor hebt. Bei "Lost" geht's mir ähnlich. Keine nervigen Tiefpunkte aber auch wenig, was jetzt langfristig hängen bleibt. "Dogmatic" hat ein ähnliches Problem wie "Bomb Threat". Es knüppelt wunderbar nach vorne und ist dann auf einmal nach unter 2 Minuten ganz plötzlich vorbei - meh.

"Sculpture Of Regret" geht die Sache angenehm melodisch an und bietet das vielleicht beste Gitarrensolo auf "Cause For Conflict". "Celestial Deliverance" sagt mir dagegen eher wenig. Als Filler sicherlich okay, aber sonst unspektakulär. Mit "Lost" bedienen die Essener schließlich nochmal die etwas langsameren Töne. Nett zu hören, wie der Song wirklich ruhig anfängt und dann langsam an Fahrt gewinnt. Schöner ausklang für's reguläre Album. Nach ein paar Minuten Pause wartet dann sogar noch ein Hidden Track, wenn wir es mal so nennen wollen. Die 0,5% der Hörer, die sowas anspricht würden es wahrscheinlich "Klangcollage" nennen, für den Rest passt wohl die Bezeichnung "Verschiedene Tierarten, die sich vor random Industrialgeräuschen gegenseitig zerfleischen" besser. Das ganze klingt ungefähr genau so sinnvoll wie "Realitätskontrolle" auf "Renewal" ich frage mich auch, was das eigentlich soll, aber zumindest hier wurde es an der richtigen Stelle platziert, wenn wir sowas schon unbedingt brauchen.

Auf der Neuauflage warten sogar noch drei Bonustracks, die hinter "Isolation" und dem Hidden Track etwas scheiße platziert sind, zumindest, wenn man das Album am Stück hören will. Vielleicht will man das Hörerlebnis ja besonders authentisch belassen, aber selbst damals war man so clever, den Bonus Track für den US-Release besser in das Album zu integrieren. Egal - als erstes hätten wir "Suicide In Swamps", was ganz sicher nicht jedermanns Sache sein dürfte. Bisher wurde das Ding meines Wissens nach nur auf der Best Of "Scenarios Of Violence" veröffentlicht (welche ich nicht habe) und ich bin wirklich froh, jetzt auch in den Genuss zu kommen. Mit über 5 Minuten mag der Song auf den einen oder anderen schwerfällig wirken, aber für mich trieft er nur so vor Atmosphäre. Absolutes Highlight! "Limits Of Liberty" (ebenfalls vorher nur auf "Scenarios Of Violence" erschienen) ist dagegen ein ganz typischer aggressiver und kurzer Thrash Song, der sehr ähnliche Stärken und Schwächen wie "Bomb Threat" und "Dogmatic" hat. Last but not Least haben wir "State Oppression", ein sehr punkiges Cover von Raw Power, welches zwar wirklich kaum noch nach Kreator klingt, aber auf "Cause For Conflict" wohl so gut passt, wie auf keinem anderen Album. Der Song war damals schon als Bonus Track für die US Version mit dabei und hat es hier aus unerfindlichen Gründen noch nicht mal auf die limitierte Tin Box Version geschafft, was mich als Komplettionist ziemlich angepisst hat und mit ein Grund dafür war, warum ich mir das Album erst jetzt gekauft habe.

Alles in allem bin ich von "Cause For Conflict" eher positiv überrascht. Ein guter Schritt nach vorne nach "Renewal". Ein wenig kann ich die Kritik verstehen, dass es an manchen Stellen etwas generisch klingt und ein wenig berechnet wirkt - man wollte es offenbar möglichst vielen Leuten recht machen. Das ist aber weitestgehend auch gelungen. Über wirklich problematische Passagen bin ich hier gar nicht gestolpert und einige Songs sind echt gut ("Progressive Proletarians", "Crisis Of Disorder", "Isolation" und "Suicide In Swamps") um nur ein paar zu nennen. Der Sound passt insgesamt sehr gut und ich kann es mir immer wieder anhören, ohne es lästig zu finden. Ein wenig mehr Höhepunkte wären trotzdem nett gewesen. "Cause For Conflict" hat wenig Ecken und Kanten und damit auch nicht so viele Momente, die jetzt total hervorstechen. Aber ganz ehrlich: so ein Sicherheitsalbum ist mir doch etwas lieber als das wilde drauf los Experimentieren von "Renewal" oder auch solch extreme Ausflüge in andere Genres wie "Endorama".

Punkte: 7 / 10


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